Zak McKracken and the Alien Mindbenders (1988) – Reise ins Unbekannte zwischen Alltag, Mars und Verschwörung

Als Zak McKracken and the Alien Mindbenders erschien, fühlte es sich schon beim ersten Kontakt anders an. Nicht wie ein Spiel, das man einfach startete, sondern wie etwas, dem man auf die Spur kam. Da war diese eigentümliche Mischung aus Alltäglichem und Kosmischem: ein abgehalfterter Reporter in seinem kleinen Apartment, umgeben von Mikrowelle, Telefon und seinem Goldfisch Sushi – und plötzlich führen genau diese Orte auf den Mars, zu uralten Kultstätten wie Stonehenge oder in das Zentrum einer Verschwörung, die größer ist als alles, was der Bildschirm zunächst preisgibt. Zak McKracken spielte mit der Vorstellung, dass hinter dem Banalen mehr verborgen liegt, dass das Unscheinbare eine zweite Ebene besitzt. Nicht pathetisch, sondern neugierig, leicht ironisch und dennoch erstaunlich ernsthaft.

Dieses Gefühl bildet den emotionalen Kern des Spiels. Zak McKracken ist weder klassisches Science-Fiction noch reines Comedy-Adventure. Es bewegt sich zwischen UFO-Mythen, pseudowissenschaftlichen Ideen, alten Kultstätten und der Hoffnung, dass die Welt größer, rätselhafter und vielleicht auch bedeutungsvoller ist, als sie auf den ersten Blick scheint. Der Mars ist hier kein fernes Symbol, sondern ein erreichbarer Ort. Stonehenge kein museales Denkmal, sondern Teil eines Plans. Das Spiel erzählt weniger eine abgeschlossene Geschichte, als dass es den Spieler in ein Netz aus Andeutungen, Zufällen und Zusammenhängen hineinzieht.

Bereits zeitgenössisch wurde genau diese Mischung wahrgenommen. Das britische Magazin Zzap!64 schrieb im März 1989: „Es ist nicht oft, dass ein Adventure zugleich laut herauslachen lässt und dabei wirklich fesselt – doch Zak McKracken gelingt genau das.“ (“It’s not often that an adventure manages to be both laugh-out-loud funny and genuinely involving, but Zak McKracken pulls it off.”)

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum Zak McKracken nicht einfach eine Fortschreibung von Maniac Mansion sein wollte. Während das frühere Spiel seine Stärke aus der dichten Ausarbeitung eines einzigen Schauplatzes bezog, entschied sich Zak McKracken bewusst für Weite. Statt räumlicher Verdichtung steht hier Verknüpfung im Vordergrund. Die Spielwelt wirkt größer und offener, weil sie sich aus vielen Orten zusammensetzt: San Francisco, London, Mexiko, Ägypten, Nepal, das Bermuda-Dreieck und schließlich der Mars. Diese Orte bestehen oft nur aus wenigen Bildschirmen, erfüllen aber klar definierte Funktionen im Gesamtgefüge.

Die häufig verwendete Unterscheidung zwischen „horizontalem“ und „vertikalem“ Spieldesign beschreibt dabei mehr als nur die Anzahl der Orte. Maniac Mansion entfaltet seine Tiefe, indem ein einzelner Schauplatz immer weiter erschlossen wird. Jeder Raum der Villa gewinnt im Verlauf an Bedeutung, wird neu gelesen, neu genutzt und mit weiteren Zusammenhängen aufgeladen. Zak McKracken verfolgt den gegenteiligen Ansatz. Die einzelnen Orte sind bewusst knapp gehalten, dafür aber Teil eines weit verzweigten Netzes. Bedeutung entsteht nicht durch räumliche Verdichtung, sondern durch Verknüpfung. Das Spiel denkt in Wegen, Abhängigkeiten und Distanzen – und verlangt vom Spieler, diese Beziehungen über Kontinente hinweg zu überblicken. „Horizontal“ meint hier keine Oberflächlichkeit, sondern eine andere Form von Komplexität.

Diese Designentscheidung verändert auch die Wahrnehmung von Größe. Zak McKracken verfügt über eine deutlich höhere Gesamtzahl an begehbaren Räumen und Hintergründen als Maniac Mansion. Kritiker merkten jedoch an, dass viele dieser Orte – etwa London oder Mexiko – jeweils nur aus wenigen Bildschirmen bestehen. Im direkten Vergleich wirkt die Villa aus Maniac Mansion pro Standort dichter und detaillierter ausgearbeitet, während Zak McKracken seine Größe aus der Summe seiner Schauplätze bezieht. Quantitativ ist die Spielwelt größer, qualitativ verteilt sich ihre Tiefe breiter. Das Team nahm diesen Unterschied bewusst in Kauf, um das Gefühl einer globalen, später sogar interplanetaren Reise zu erzeugen.

Die Spielmechanik folgt dieser Offenheit konsequent. Vier spielbare Figuren – Zak, Annie, Melissa und Leslie – sind notwendig, um die Welt sinnvoll zu erschließen. Rätsel verlangen Planung über große Distanzen hinweg, das rechtzeitige Positionieren von Figuren und ein Gespür dafür, wie einzelne Handlungen ineinandergreifen. Geld spielt eine Rolle, Reisen kosten, und Fehlentscheidungen können langfristige Auswirkungen haben. Zak McKracken erlaubt Irrwege, zwingt den Spieler aber, aufmerksam zu bleiben. Es erklärt wenig und setzt viel voraus. Genau diese Offenheit – das Gefühl, dass nichts isoliert steht und jede Handlung Teil eines größeren Zusammenhangs ist – wirkt so selbstverständlich, dass man leicht vergisst, wie neu sie damals war.

Was diese Verzahnung überhaupt erst möglich machte, war das SCUMM-System, das Lucasfilm Games kurz zuvor entwickelt hatte. SCUMM – das „Script Creation Utility for Maniac Mansion“ – war mehr als eine technische Engine; es war ein neues Denken über grafische Adventures. Statt starrer Abfolgen erlaubte es eine Welt, in der Objekte, Figuren und Zustände flexibel miteinander reagieren konnten. Für Zak McKracken bedeutete das Freiheit: Handlungen mussten nicht mehr in einer festen Reihenfolge erfolgen, Rätsel konnten über große Entfernungen hinweg miteinander verknüpft werden, und der Spieler durfte experimentieren, ohne sofort bestraft zu werden. Das Verb-Interface war dabei kein Selbstzweck, sondern ein Versprechen: Alles, was sichtbar ist, könnte Bedeutung haben. SCUMM trat nicht in den Vordergrund, sondern machte sich unsichtbar, indem es dem Spieler das Gefühl gab, die Welt selbst zu begreifen, statt sie nur abzuarbeiten.

Innerhalb dieser Struktur existiert jedoch auch ein Abschnitt, der bis heute ambivalent wahrgenommen wird: das Labyrinth. Es verlangt Orientierung, Wiederholung und teilweise klassisches Mapping – Elemente, die sich spürbar von der ansonsten logisch verzahnten Rätselmechanik unterscheiden. David Fox erklärte später, dass diese Gestaltung aus einer damals gängigen Philosophie hervorging. Entwickler strebten Spielzeiten von 30 bis 40 Stunden an, während Speicherplatz und grafische Assets stark begrenzt waren. Labyrinthe boten die Möglichkeit, Spielzeit zu verlängern, ohne neue Inhalte produzieren zu müssen. Gleichzeitig galt das Anfertigen eigener Karten auf Papier als akzeptierter Teil des Spielerlebnisses. Zak McKracken steht damit nicht allein. Indiana Jones and the Last Crusade nutzte vergleichbare Strukturen, während The Secret of Monkey Island dieses Motiv kurz darauf bereits humorvoll brach. Gerade hier zeigt sich, dass Zak McKracken von einem System lebt, das Zusammenhänge erlaubt – ein Gedanke, den SCUMM möglich machte und den Lucasfilm Games in den Folgejahren weiterentwickelte.

Verantwortlich für diese Haltung war maßgeblich David Fox, der bei Zak McKracken erstmals die alleinige gestalterische Führung übernahm. Unterstützt wurde er von Matthew Alan Kane, der als Co-Programmierer, Co-Designer und Komponist eine Schlüsselrolle einnahm. Kane prägte nicht nur die Struktur des Spiels, sondern auch dessen musikalische Identität. Für die C64-Version steuerte zusätzlich Chris Grigg SID-spezifische Musik bei. Visuell war Gary Winnick maßgeblich beteiligt, später ergänzt durch Künstler wie Mark Ferrari in den 16-Bit-Versionen. Viele Details im Spiel tragen eine persönliche Handschrift: Die Namen mehrerer weiblicher Figuren stammen aus dem direkten Umfeld des Teams; Fox bestätigte später, dass sie nach Frauen und Freundinnen der Beteiligten benannt wurden. Auch die Zeitung ist kein beiläufiges Extra, sondern bewusst zwischen echten Hinweisen, satirischen Texten und gezielten Irreführungen angelegt.

Technisch blieb Zak McKracken inhaltlich über alle Versionen hinweg identisch, unterschied sich jedoch deutlich in der Präsentation. Die ursprüngliche C64-Version nutzte Multicolor-Grafik mit nicht-quadratischen Pixeln und den charakteristischen Klang des SID-Chips. Die DOS-Version setzte auf EGA-Grafik mit fester 16-Farben-Palette und wirkte dadurch schärfer, aber farblich härter. Die Amiga-Version stellte ebenfalls nur 16 Farben gleichzeitig dar, profitierte jedoch von der frei wählbaren 4096-Farben-Palette, was zu weicheren Übergängen führte. Auf dem Atari ST war zusätzlich eine hochauflösende Monochromdarstellung möglich. Die FM-Towns-Version hob sich durch 256 Farben, CD-Audio-Musik und den Verzicht auf Kopierschutz ab.

Der Kopierschutz selbst war integraler Bestandteil des Spiels. Beim Verlassen der USA mussten Visa-Codes aus dem Handbuch eingegeben werden. Erst nach fünf aufeinanderfolgenden falschen Eingaben griff eine Sanktion: Zak wurde verhaftet und in ein sogenanntes „Pirate Jail“ gebracht, wo ein Polizist den Spieler über die Unmoral von Softwarepiraterie belehrte. Danach endete das Spiel endgültig, ein früherer Spielstand musste geladen werden.

Zeitgenössisch wurde Zak McKracken breit rezipiert. Die deutschsprachige Power Play schrieb 1989: „Man bekommt pfundweise Spielwitz, eine clevere Benutzerführung und eine spritzige Geschichte.“
The Games Machine bewertete das Spiel im März 1989 mit 81 Prozent. Das französische Magazin Tilt lobte im November 1989: „Ein sehr vollständiges Adventure, das Humor und Nachdenken geschickt verbindet.“ (“Une aventure très complète qui associe habilement humour et réflexion.”)

Vielleicht liegt die anhaltende Faszination von Zak McKracken and the Alien Mindbenders gerade darin, dass es sich nie vollständig festlegen lässt. Es ist ein Spiel, das aus Neugier geboren wurde und Neugier voraussetzt. Der Mars, Stonehenge, die Zeitung, die seltsamen Maschinen – all das bleibt weniger als Handlung im Gedächtnis als als Gefühl: unterwegs zu sein in einer Welt, die größer wirkt, als sie auf den ersten Blick erscheint. Zak McKracken lässt Raum. Für Irrwege, für Erinnerung – und für die leise Ahnung, dass hinter dem Alltäglichen manchmal mehr verborgen liegt.

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