Rorke's Drift - 1990 by Impressions
Als Rorke’s Drift 1990 erschien, wirkte es wie ein ungewöhnlicher Versuch, historische Kriegsführung in ein Echtzeit-Strategiespiel zu pressen. Entwickelt wurde es von Plato, einer Unterabteilung von Impressions Software, und veröffentlicht für Amiga, Atari ST und MS-DOS. Im Kern geht es um die Verteidigung einer Missionsstation im südafrikanischen Zululand des Jahres 1879: 137 britische Soldaten müssen eine Übermacht von über 4.000 Zulu-Kriegern abwehren. Das Spiel bietet zwei Szenarien, eines historisch akkurat und eines mit zufällig generierten Angriffen. Grafisch präsentierte sich das Ganze in einer isometrischen Ansicht, mit winzigen Sprite-Soldaten, die sich über den Bildschirm bewegten. Jeder einzelne Brite war als Figur steuerbar, mit eigenen Werten und Eigenheiten – was das Spiel schon damals zu einem Mikromanagement-Monster machte. Per Pausenmodus konnte man Befehle geben und die Schlacht anschließend fortsetzen. Das wirkte innovativ, aber auch ermüdend, wenn man jeden einzelnen Rotrock zum Nachladen oder zum Umpositionieren anstubsen musste.
Hauptverantwortlich war Edward „Ed“ Grabowski, der als Programmierer und Designer fungierte. Er entwickelte später zahlreiche weitere Strategiespiele wie Merchant Colony (1991), Air Bucks (1992) und The Blue & The Gray (1993). Grabowski bezeichnete Rorke’s Drift rückblickend stolz als „the first in [his] series of innovative real-time wargames“ (das erste in meiner Reihe innovativer Echtzeit-Kriegsspiele) und fügte hinzu, es sei „a Top-Ten hit in the UK“ (ein Top-Ten-Hit im Vereinigten Königreich) gewesen. Unterstützt wurde er von Jeffrey Van Brankinton beim Spieldesign, und für die Musik zeichnete Christopher Denman verantwortlich, der später auch an Caesar (1992) mitwirkte.
Kommerziell gesehen war das Spiel zumindest auf der Insel kein Reinfall: Auf dem britischen Atari-ST-Markt erreichte es Platz 8 und hielt sich mehrere Monate in den Charts. Doch während sich die Verkaufszahlen solide entwickelten, gingen die Kritikerurteile weit auseinander – und zwar so drastisch, dass man fast von einem Kulturkampf sprechen könnte. In Großbritannien lobte etwa CU Amiga: „The animations are charming, the soldiers feel alive, and there’s a genuine sense of commanding a desperate battle“ (Die Animationen sind charmant, die Soldaten wirken lebendig, und es gibt ein echtes Gefühl, eine verzweifelte Schlacht zu kommandieren). Über 80 % Wertung zeigten, dass man das Spiel dort fast schon als Geheimtipp sah. Auch Amiga Format befand: „The atmosphere of the defence is convincingly recreated“ (Die Atmosphäre der Verteidigung wird überzeugend nachgebildet). Man fühlte sich an den Film Zulu erinnert, der im Vereinigten Königreich Kultstatus hatte.
Und in Deutschland? Nun ja – da sah die Sache ganz anders aus. Michael Hengst schrieb in der Power Play (März 1991): „Himmel hilf! Man sollte einigen Nachfahren der stolzen Zulus mal diese Diskette zuspielen – bei dem anschließenden Massaker unter den Programmierern wäre ich gern dabei. […] ‚Rorke’s Drift‘ ist ein Programm übelster Sorte. Das einzig Positive an diesem schwachsinnigen Programm sind die putzigen Sprites.“ Ganze 4 % vergab die Redaktion – ein Spotturteil, das bis heute in Retro-Foren zitiert wird. Während britische Tester den Grafikstil noch als „quaint“ (putzig) bezeichneten, empfanden deutsche Kritiker ihn schlicht als absurd.
Dieser krasse Gegensatz zwischen britischer Begeisterung und deutscher Häme erklärt sich nicht allein durch die Spielmechanik, sondern auch durch unterschiedliche kulturelle Erwartungshaltungen. In Großbritannien galt die Schlacht von Rorke’s Drift als heroisches Kapitel der Militärgeschichte, das man nun interaktiv nachspielen konnte. In Deutschland hingegen wirkte die Kolonialthematik fremd, das Tempo träge, die Präsentation unfreiwillig komisch. So wurde ein und dasselbe Spiel im einen Land als spannendes Taktikexperiment wahrgenommen, im anderen als Totalausfall.
Kontrovers diskutiert wurde auch die moralische Dimension: Einige Kritiker sahen in Rorke’s Drift eine einseitige Verherrlichung der britischen Perspektive. Der britische Rezensent Laurence Scotford formulierte treffend, es sei ein Titel, den man „either love or hate“ (entweder liebt oder hasst). Diese Polarisierung spiegelte sich in Wertungen von knapp über 80 % bis hinunter zu 4 % wider – eine Spanne, wie man sie selten in der Spielegeschichte findet.
Interessant ist, dass während der Entwicklung wohl auch Überlegungen bestanden, mehr Szenarien des Anglo-Zulu-Krieges zu integrieren. Skizzen zeigten alternative Schauplätze, die es aber nie ins Spiel schafften – vermutlich aus Zeit- und Kostengründen. Stattdessen konzentrierte man sich ganz auf das Missionslager von Rorke’s Drift. Auch die Steuerung war ursprünglich komplexer geplant, mit verschiedenen Formationsbefehlen, doch im fertigen Spiel reduzierte man dies auf simples Klicken und Positionieren.
Heute gilt Rorke’s Drift als Kuriosum der Spielegeschichte. Auf MobyGames liegt die Durchschnittswertung bei rund 43 % – irgendwo zwischen britischem Schulterklopfen und deutschem Kopfschütteln. Für Fans von Retro-Strategie bleibt es ein Titel, den man entweder nostalgisch schätzt oder schmunzelnd in die Kategorie „gute Idee, schlechte Umsetzung“ einsortiert. Vielleicht passt Grabowskis eigener Stolz rückblickend am besten: innovativ war Rorke’s Drift in der Tat – nur ob es auch wirklich Spaß machte, darüber streiten sich die Geister bis heute.



Was haben die Planeten „Erde“ und „Colian“ gemein? Richtig, Bodenschätze, die nur darauf warten, eingesammelt zu werden. „Und während einer eine Grube gräbt, der Konkurrent mit Begeisterung Dir eine klebt“. Die Hintergrundstory klingt dabei absurd, erfüllt aber ihren Zweck: Kolian war einst föderatives Hoheitsgebiet mit reichen Mineralvorkommen (Detonite, Quanza, Zenite, Aluma). Nach der Eroberung durch das Imperium werden die Kolonien zur Erzschmelze gezwungen. Die Föderation schickt einen Agenten ins Herz des Geschehens, doch das Imperium erkennt die Spionage und will alle Zeugen vernichten. Der Spieler fährt daher in einem schwer beherschbaren DSV (Defence Strategy Vehicle) über Colian, errichtet Handelsposten, repariert beschädigte Städte und schleust Ressourcen zwischen den Minen hin und her. Terrorpods verbindet dabei Shooter-Action mit Wirtschaftssimulation: Man braucht laut Entwickler „Fähigkeiten in strategischem Management ebenso wie im Sprengen“ (“both management strategy qualities as well as blasting skill”“. Neben angreifenden Terrorpods und einem unzerstörbaren Mutterschiff stören Piratenfahrzeuge („Spoiler“), die Rohstoffe klauen. Ziel ist schließlich, alle sechs Teile eines Terrorpods zu sammeln und sich so selbst ein Kriegsgerät zu bauen – erst dann endet die Mission erfolgreich.





Z-Out erschien 1990 auf dem Amiga und wenig später auch auf dem Atari ST und gilt als einer jener Titel, die zwischen Genie und Vergessenheit pendelten. Entwickelt wurde es von der Hanauer Gruppe Advantec Software, einem jungen Team, das ursprünglich unter dem Arbeitstitel Wargate an einem klassischen Horizontal-Shooter arbeitete. Als Rainbow Arts das Demo sah, war man begeistert und beschloss, das Projekt als inoffizielle Fortsetzung zu X-Out zu veröffentlichen. Damit war Z-Out geboren, ein Spiel, das viele Fans damals als „das deutsche R-Type“ bezeichneten – nicht ohne Grund, denn die Parallelen zum japanischen Klassiker sind unverkennbar.




Die Presse reagierte mit gemischten Gefühlen. Einerseits gab es Lobeshymnen für die Grafiken, die butterweichen Scrolls und die Musik von Whittaker. Zeitgenössische Magazine wie ASM vergaben hohe Wertungen um die 80 %, lobten die audiovisuelle Präsentation, warnten aber vor der unbarmherzigen Schwierigkeit. Auch Zzap!64 kam auf 80 %, sprach aber offen davon, dass das Spiel nur für Hartgesottene geeignet sei. Manche Tester sprachen von einem „nervenaufreibenden Meisterwerk“, andere kritisierten, dass die Härte das Spiel künstlich verlängere. Viele Spieler bemängelten zudem das Fehlen einer Highscore-Speicherfunktion – ein seltsamer Designentscheid, der bis heute für Diskussionen sorgt.
Heart of Africa erschien 1985 exklusiv für den Commodore 64 und war der inoffizielle Nachfolger von The Seven Cities of Gold. Entwickelt wurde es von Dan Bunten, später Danielle Bunten Berry, gemeinsam mit Ozark Softscape, produziert von Joe Ybarra bei Electronic Arts und in Deutschland von Ariolasoft veröffentlicht. Schon die Aufmachung war ein Blickfang: eine großformatige Box im LP-Stil, ein beigefügtes Handbuch in Form eines Tagebuchs, eine Afrika-Karte zum Miträtseln – und auf dem Cover posierte Bunten im Safari-Outfit. Electronic Arts behandelte seine Designer damals wie Popstars, was sich auch in dieser Präsentation widerspiegelte.
Veröffentlicht wurde das Spiel 1985 in den USA und 1986 in Europa. Ariolasoft legte besonderen Wert auf die deutsche Ausgabe Das Herz von Afrika, die vollständig übersetzt war – ein seltener Luxus Mitte der Achtziger. International wurde das Spiel von der Presse positiv aufgenommen. Compute! lobte es als „professionell in jeder Hinsicht“ und sogar süchtigmachender als den Vorgänger, Commodore User vergab 8 von 10 Punkten. In Deutschland schaffte es 1987 in einer Happy Computer-Leserumfrage immerhin auf Platz 16 der besten Spiele des Vorjahres. Kritiker hoben die Atmosphäre, die Mischung aus Strategie und Adventure sowie die Bedienbarkeit hervor, merkten aber an, dass die Karte Afrikas immer gleich blieb und das Spiel daher bei wiederholtem Durchspielen an Reiz verlieren konnte.
Sirenen heulen auf und quietschende Reifen hallen durch eine isometrische Pixel-Stadt: Chicago 90 – ein ungewöhnliches Action-Rennspiel von Microïds aus dem Jahr 1989 – versetzte die Spieler mitten in eine virtuelle Verfolgungsjagd. Dabei ließ sich das französische Entwicklerteam zu einem augenzwinkernden Konzept inspirieren: Was wäre, wenn Pac-Man ein Fluchtauto wäre und die Geister Polizeiwagen? In Chicago 90 schlüpft man entweder in die Rolle eines Gangsters auf der Flucht oder übernimmt das Kommando der Polizei. Als Gangster gilt es, nach einem Bankraub die Stadtgrenzen zu erreichen, bevor die Polizei einen einkesselt. Als Polizeichef hingegen koordiniert man bis zu sechs Einsatzwagen, um den flüchtigen Ganoven zu stellen. Dieses duale Spielprinzip – Gangster gegen Gesetzeshüter – war 1989 erfrischend originell und sorgte für zwei sehr unterschiedliche Spielerfahrungen innerhalb eines Spiels.











Palace Software hatte 1986 ein Händchen dafür, aus der britischen 8‑Bit‑Szene kleine Gesamtkunstwerke zu schmieden, und The Sacred Armour of Antiriad – in Nordamerika als Rad Warrior erschienen – gehört zu denjenigen, die mit altbewährten Mitteln Großes wollten: ein Arcade‑Abenteuer im Flip‑Screen‑Stil, getragen von präzisem Pixel‑Handwerk, einem eigenständigen Comic‑Universum und dem klassischen Prinzip „erst sammeln, dann siegen“. Dass die Verpackung ein 16‑seitiges Heft enthielt, das Dan Malone in Tusche zeichnete, passte zur Zeit, als man Spiele noch wie Schallplatten kaufte und die Beilage ebenso wichtig war wie der Inhalt. „It is an original idea, and the comic is very professionally produced“ (Es ist eine originelle Idee, und der Comic ist sehr professionell produziert), notierte ZX Computing bereits in der Vorschau – eine hübsche Untertreibung, denn der kleine Band setzte Ton und Welt besser als so mancher Bildschirmtext jener Jahre.




Percy the Potty Pigeon gehört zu jenen Spielen, die man im Regal kaum übersehen konnte – schon der Titel klingt wie ein pubertärer Scherz, und genau so fühlte es sich 1984 auch an. Gremlin Graphics war gerade dabei, aus einem kleinen Laden in Sheffield zu einem richtigen Softwarehaus zu werden, und man brauchte einen Erstling, der auffiel. Also schickte man nicht Raumschiffe oder Ritter ins Rennen, sondern eine Taube. „The first game where you are a bird!“ stand keck auf der Packung, und das britische Publikum wusste sofort, dass hier mit Augenzwinkern gearbeitet wurde.




