Starglider 1 – 1986 by Argonaut Software

Starglider (1986): 3D-Action zwischen Arcade-Inspiration und Heimcomputer

Wie sehr der Angriff auf dem Eisplaneten Hoth in Star Wars – Das Imperium schlägt zurück eine ganze Generation beeindruckte, lässt sich heute kaum überschätzen. Der Anblick der riesigen AT-AT-Kampfläufer, der verzweifelten Verteidigung der Rebellen und der dynamischen Perspektive aus den Cockpits brannte sich bei vielen Jugendlichen tief ein. Als man Jahre später in den Spielhallen selbst in der legendären Star Wars-Arcade-Sequenz die gepanzerten Walker angreifen konnte, wurde diese Faszination erstmals interaktiv erlebbar. Es liegt nahe, dass auch ein junger Jez San von diesen Bildern geprägt war. Die Idee, schnelle Angriffe aus der Pilotensicht über eine Landschaft zu fliegen, in der eine feindliche Bodeninvasion im Gange ist, wirkt in Starglider jedenfalls wie eine spielerische Fortführung jener Eindrücke, die Science-Fiction-Kino und Arcade-Automaten Anfang der Achtziger hinterlassen hatten.

Jez San arbeitete Mitte der Achtziger bereits mit bemerkenswerter Zielstrebigkeit an dreidimensionaler Grafik, lange bevor er einen festen Publishing-Partner hatte. Noch als Teenager experimentierte er mit einer stark von Star Wars inspirierten 3D-Engine, die zunächst weniger als fertiges Spiel gedacht war, sondern als technische Machbarkeitsstudie. In dieser Phase bewegte sich San bereits in einem Umfeld professioneller Entwickler: Über seine Arbeit an Entwicklungswerkzeugen und frühen Projekten kam er mit David Braben und Ian Bell in Kontakt, die an Elite arbeiteten. Diese Begegnungen waren weniger formale Kooperationen als vielmehr frühe Berührungspunkte mit einer Szene, in der San nicht als Hobbyist, sondern als ernstzunehmender Techniker wahrgenommen wurde. In dieser Zeit entstand das Grundgerüst dessen, was später Starglider werden sollte – inklusive der Idee, schnelle Angriffe aus der Cockpit-Perspektive mit freier Bewegung über eine gekrümmte Landschaft zu verbinden.

Der entscheidende Schritt in Richtung professioneller Veröffentlichung erfolgte über die literarische Agentin Jacqui Lyons. San lernte sie über persönliche Kontakte kennen; bei einem gemeinsamen Dinner stellte er seine Arbeiten vor und gewann ihr Interesse. Lyons unterstützte ihn fortan als Agentin und öffnete ihm Türen in die britische Verlagslandschaft. Über dieses Umfeld kam schließlich der Kontakt zu Rainbird zustande. Erst durch diesen Vertrag wurde aus dem bestehenden Prototyp ein vollwertiges Spielprojekt mit klar definiertem Produktionsrahmen, Finanzierung und jener aufwendigen Präsentation, für die Rainbird Mitte der Achtziger bekannt war.

Veröffentlicht wurde Starglider schließlich 1986 von Rainbird als Premiumtitel für den Atari ST. Entwickelt von Argonaut Software unter Leitung von Jez San, setzte das Spiel auf farbige Drahtgittergrafik und weitläufige Landschaften, sichtbar inspiriert von der sogenannten „Tower“-Sequenz des Atari-Star-Wars-Arcadeautomaten. Der Spieler steuert ein veraltetes Angriffsfluggerät, das sogenannte AGAV, über dem Planeten Novenia, um die laufende Invasion der Egron-Streitkräfte zu bekämpfen. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht auf klassischen Weltraumkämpfen, sondern auf präzisen Angriffen gegen feindliche Einheiten am Boden, Navigation und konsequentem Ressourcenmanagement.

Rainbird positionierte Starglider bewusst als hochwertigen Titel. Die Verpackung bestand aus einem stabilen blauen Karton und enthielt neben der Anleitung auch eine 64-seitige Science-Fiction-Novelle von James Follett, die dem Spiel einen erzählerischen Rahmen gab. Damit hob sich Starglider deutlich von der damals üblichen Actionkost ab und rechtfertigte seinen vergleichsweise hohen Verkaufspreis.

Technisch zeigen sich Atari-ST- und Amiga-Version sehr ähnlich. Beide bieten die charakteristische Cockpit-Perspektive über einer gekrümmten Drahtgitter-Landschaft, bevölkert von Panzern, Flugobjekten und zweibeinigen Kampfmaschinen mit klarer Science-Fiction-Anlehnung. Das Spieltempo ist hoch, die Steuerung direkt, und die Darstellung bleibt auch bei dichter Action übersichtlich. Auffällig ist das kurze, etwa fünfzehn Sekunden lange Musikstück im Hauptmenü mit Synthesizerklängen und gesprochener Zeile „Starglider… from Rainbird“, komponiert von David Lowe. Hinzu kommen zahlreiche Geräuscheffekte und kurze Sprachsamples der Rainbird-Sprecherin Clare Edgeley. Bereits 1986 bot Starglider ungewöhnlich viele Einstellmöglichkeiten zur Feinjustierung der Steuerung, darunter verschiedene Fadenkreuz-Modi und automatische Zentrierung. Auch eine optionale Maussteuerung war vorhanden – für ein Actionspiel dieser Zeit eine echte Besonderheit.

Die 8-Bit-Umsetzungen konnten dieses Niveau naturgemäß nicht erreichen. Als beste gilt allgemein die ZX-Spectrum-128K-Version, die durch vergleichsweise hohes Tempo, Sprachsamples, ein mehrstimmiges Titelstück sowie zusätzliche Missionen und Aufrüstungen überzeugte. Die 48K-Fassung verzichtete auf diese Erweiterungen. Die Amstrad-CPC-Version orientierte sich stark an der Spectrum-Umsetzung. Kritischer fiel die Rezeption der Commodore-64-Version aus, die durch langsame, ruckelige Vektorgrafik und eine insgesamt grobere Präsentation auffiel. Die MS-DOS-Version in CGA-Farben gilt rückblickend als schwächste Umsetzung, da Farbarmut, Flackern und unpräzise Steuerung den Spielfluss deutlich beeinträchtigten.

Spielerisch basiert Starglider auf einem einfachen, aber fordernden Prinzip. Gegnerwellen müssen unter konstantem Zeit- und Energiedruck bekämpft werden, während regelmäßig Reparaturbasen angeflogen werden müssen, um Schäden zu beheben und Raketen nachzuladen. Besonders das präzise Andocken an diese Basen gilt als anspruchsvoll. Ein weiteres markantes Element ist das Nachladen der Raketen, das in einer separaten Siloszene erfolgt, in der ein rotierender Tunnel exakt angesteuert werden muss. Insgesamt begegnet man einer Vielzahl unterschiedlicher Gegnertypen, darunter die titelgebenden Starglider als besonders widerstandsfähige Elitegegner.

Die zeitgenössische Presse reagierte ausgesprochen positiv. Crash bezeichnete Starglider als eines der besten Spiele, die je auf dem Spectrum erschienen seien, lobte Geschwindigkeit und Atmosphäre, kritisierte jedoch die zurückhaltende Musik. Auch in den USA erhielt die Atari-ST-Version Anerkennung für ihre flüssige Darstellung und das intensive Spielgefühl. Starglider wurde unter anderem mit dem Titel „Game of the Year 1986“ von Crash ausgezeichnet und fand auch in Sinclair User und Amstrad Action breite Anerkennung.

Jez San sprach später davon, dass sich Starglider rund 300.000 Mal verkauft habe, während andere zeitgenössische Schätzungen etwas darunter liegen. Unabhängig von der exakten Zahl gilt der Titel als außergewöhnlicher Erfolg für einen jungen Einzelentwickler. Der Erfolg führte 1988 zur Fortsetzung Starglider II, die mit ausgefüllter Polygon-Grafik einen weiteren Technologiesprung vollzog und Argonauts Ruf als Spezialist für dreidimensionale Spiele festigte.

Erst im Rückblick wird deutlich, welchen Weg San nach Starglider noch vor sich hatte. Die bei Argonaut entwickelte 3D-Expertise führte schließlich zu einer Zusammenarbeit mit Nintendo. San überzeugte das Unternehmen davon, dass echtes dreidimensionales Spielgefühl auf dem Super Nintendo nur mit zusätzlicher Hardware möglich sei. Nintendo stimmte zu, Argonaut entwickelte daraufhin den Super-FX-Chip – intern augenzwinkernd „MARIO“ genannt –, der dem SNES zu ungeahnter 3D-Leistung verhalf und in Spielen wie Star Fox zum Einsatz kam. Betrachtet man diesen späteren Erfolg, wirkt Starglider heute weniger wie ein isolierter Frühversuch, sondern vielmehr wie der Anfang eines Weges, der von den Eindrücken der Spielhalle über den Heimcomputer bis hin zur Konsolengeschichte führte.

Kurioserweise fand Starglider sogar Eingang in die britische Popkultur: In der TV-Kindersendung Get Fresh traten Spieler direkt im Spiel gegeneinander an. Heute wird Starglider vor allem als historisch bedeutsamer Titel erinnert – als frühes Beispiel dafür, wie technische Ambition, Eigenständigkeit und jugendlicher Wagemut den Heimcomputermarkt der Achtziger prägen konnten.

Netherworld – 1988 by Hewson Consultants

Diamanten, Zeitdruck und keine Gnade: Netherworld auf dem C64

Als Netherworld 1988 erschien, hatte Hewson Consultants bereits einen ausgezeichneten Ruf zu verteidigen. Das britische Label galt seit Mitte der Achtzigerjahre als feste Größe für anspruchsvolle Actionspiele, die sich bewusst von seichter Massenware abhoben. Titel wie Uridium, Paradroid, Cybernoid und Nebulus hatten Hewson als Publisher etabliert, dessen Veröffentlichungen für saubere Technik, eigenständiges Design und einen überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad standen. Wer ein Hewson-Spiel kaufte, wusste, dass hier kein leicht konsumierbares Ballerspiel wartete, sondern eine ernsthafte Herausforderung. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, als mit Netherworld ein neuer Titel für den Commodore 64 angekündigt wurde.

Netherworld erschien 1988 und ist die ursprüngliche sowie zentrale Fassung des Spiels. Entwickelt wurde es als Ein-Mann-Produktion von Jukka Tapanimäki, der Design, Programmierung und die komplette In-Game-Grafik selbst übernahm. Der Titelbildschirm stammt von Darrin „Stoat“ Stubbington, während Jori Olkkonen für Soundeffekte und Musik verantwortlich war. Bereits diese Konstellation macht deutlich, dass es sich bei Netherworld um ein Spiel mit klar erkennbarer persönlicher Handschrift handelt – ein Ansatz, der gut zur damaligen Ausrichtung von Hewson passte.

Der Spieler steuert eine kleine, schwebende Kapsel durch eine abstrakte, fremdartige Spielwelt. Ziel jedes Abschnitts ist es, unter permanentem Zeitdruck Diamanten einzusammeln und rechtzeitig den Teleporter zu erreichen, der den Ausgang markiert. Gegner, feste Hindernisse und die spezielle Bewegungsphysik erschweren den Weg erheblich. Eine klassische Hintergrundgeschichte wird kaum vermittelt; das Spiel konzentriert sich vollständig auf Mechanik und Ablauf. Die Spielwelt wirkt dadurch bewusst technisch und distanziert, fast wie eine Reihe von Prüfstationen.

Grafisch setzt die C64-Version auf einen festen Bildschirmaufbau ohne Scrolling. Diese Entscheidung sorgt für Übersicht und ein sehr kontrolliertes Spieldesign. Die Farbpalette ist überwiegend dunkel gehalten, mit Grün-, Grau- und Violetttönen, die der Spielwelt eine konstant angespannte Atmosphäre verleihen. Die Sprites sind groß, klar gezeichnet und flüssig animiert. Besonders die Bewegung der Spielfigur fällt positiv auf: Sie gleitet gleichmäßig durch den Raum und vermittelt ein eigenes, leicht träges Bewegungsgefühl, das präzises Steuern erfordert. Auch bei mehreren Gegnern bleibt das Spiel übersichtlich und technisch stabil.

Der Sound hält sich bewusst zurück und verzichtet auf eingängige Melodien zugunsten einer monotonen, spannungserzeugenden Klangkulisse. Diese verstärkt den Zeitdruck und unterstreicht den nüchternen Charakter des Spiels. Die Soundeffekte sind klar definiert und erfüllen ihren Zweck, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

Der Schwierigkeitsgrad liegt deutlich über dem Durchschnitt. Netherworld verzeiht kaum Fehler und zwingt den Spieler dazu, die einzelnen Abschnitte mehrfach zu absolvieren. Viele Situationen lassen sich nur durch Vorausplanung und präzise Bewegung lösen. Hektisches Vorgehen führt fast immer zum Scheitern. Genau dieser Umstand wird von vielen Spielern zugleich kritisiert und geschätzt: Das Spiel wirkt anfangs sperrig, entwickelt jedoch einen starken Reiz, sobald man beginnt, die Mechanik zu durchschauen. Besonders die präzise Steuerung und das konsequente Leveldesign sorgen dafür, dass Rückschläge als eigene Fehler wahrgenommen werden und nicht als technische Ungerechtigkeit.

Im Vergleich zu zeitgenössischen Actiontiteln wie Armalyte oder R-Type wirkt Netherworld weniger spektakulär, dafür aber komplexer. Während andere Spiele auf unmittelbare Action setzen, verlangt Netherworld Konzentration, Geduld und Lernbereitschaft. Für Einsteiger ist das Spiel entsprechend schwer zugänglich, richtet sich aber klar an erfahrene Spieler, die eine echte Herausforderung suchen.

Besondere Aufmerksamkeit erregte auch das Cover-Artwork. Das Titelbild zeigt das Gesicht von Jukka Tapanimäki selbst, das ohne seine vorherige Zustimmung verwendet wurde. Ursprünglich war ein anderes Motiv geplant, letztlich entschied man sich jedoch für dieses ungewöhnliche Foto – eine Anekdote, die dem Spiel zusätzliche Bekanntheit verschaffte und bis heute häufig erwähnt wird.

Die zeitgenössische Presse reagierte entsprechend differenziert. Zzap!64 lobte Atmosphäre und Eigenständigkeit, wies jedoch auf die geringe Zugänglichkeit hin. ASM hob die saubere technische Umsetzung und die gedrückte, fast beklemmende Stimmung hervor. Power Play bewertete die C64-Version mit einer Power-Wertung von 73 % und stellte klar, dass Netherworld mehr Kopfarbeit verlange als viele Actionspiele seiner Zeit und sich vor allem an erfahrene Spieler richte.

Wirtschaftlich bewegte sich Netherworld im Rahmen hochwertiger Hewson-Veröffentlichungen. Ein großer Verkaufserfolg war das Spiel nicht, es etablierte sich jedoch als solides Qualitätsprodukt im C64-Angebot von 1988. Spätere Neuauflagen sorgten für zusätzliche Verbreitung. Rückblickend gilt Netherworld weniger als populärer Klassiker, sondern als typischer Vertreter jener Hewson-Titel, die durch eigenständige Ideen und hohe spielerische Anforderungen auffielen.

Gerade auf dem Commodore 64 entfaltet Netherworld seine größte Stärke. Spätere Umsetzungen übernahmen zwar das Grundkonzept, erreichten jedoch nicht die gleiche Präzision in Steuerung und Spielbalance. Wer sich auf Netherworld einlässt, bekommt kein leicht konsumierbares Actionspiel, sondern eine fordernde, stellenweise kompromisslose Spielerfahrung – ganz im Sinne der späten Achtzigerjahre.

Dracula – 1985 by CRL

Blut, Pixel und Paragraphen: Draculas Weg zum ersten BBFC-Rating der Spielegeschichte

Monty-pythonesker Einfall oder genialer Marketing-Trick? Im Herbst 1986 sorgt ausgerechnet ein Text-Adventure für Schlagzeilen: Dracula von CRL landet beim British Board of Film Censors – und das freiwillig. Computerspiele hatten bis dahin keine Altersfreigaben nötig, doch CRL-Chef Clem Chambers wittert eine Chance. Die Londoner schicken ihr Adventure mit ein paar blutigen Illustrationen zur Behörde und hoffen auf einen Skandal. Die BBFC vergibt tatsächlich ein „15“-Zertifikat, und CRL druckt stolz den Hinweis „nicht geeignet für unter 15-Jährige“ auf die Verpackung. Genau das sorgt für Aufmerksamkeit bei Medien und Horror-Fans. Hinter den Kulissen hätte man zwar gerne das noch drastischere „18“-Siegel gesehen, doch schon so funktioniert der PR-Coup. Im Jahr darauf folgen Frankenstein und 1987 Jack the Ripper – letzteres Spiel erhält dann tatsächlich eine 18er-Freigabe und schreibt damit Zensurgeschichte. Mitten in dieser kleinen Horrorwelle steht CRL mit Autor Rod Pike, der klassische Schauergeschichten als interaktive Fiction auf C64, ZX Spectrum und Amstrad CPC bringt.

Schon 1986 gilt Bram Stokers Dracula-Roman von 1897 als vielzitierter Kultstoff, und Pikes Spiel hält sich eng an die literarische Vorlage. Der junge Anwalt Jonathan Harker reist in die Karpaten, um Graf Dracula beim Immobilienkauf in England zu beraten. Das Spiel gliedert die Handlung in drei eigenständige Teile, die jeweils separat geladen werden. In The First Night verbringt Harker eine unheimliche Nacht im Gasthof „Goldene Krone“. In The Arrival erreicht er Draculas Schloss und begreift, dass er eigentlich Gefangener ist. Gelingt die Flucht, wechselt im dritten Teil The Hunt die Perspektive zu Dr. Seward, Leiter einer Irrenanstalt in Whitby. Er untersucht Harkers Warnungen vor mysteriösen Erde-Kisten und einem „Untoten“, während Patient Renfield immer seltsamer wird. Diese episodische Struktur deckt große Teile der Romanhandlung ab und passt zugleich zu den begrenzten Speicherreserven der 8-Bit-Rechner.

Technisch gehört Dracula klar in die Kategorie der Illustrated Text Adventures. Im Kern ist es ein reines Text-Adventure mit Parser-Eingabe, das wichtige Momente durch statische Bilder ergänzt. Auf allen Systemen arbeitet ein sehr einfacher Zwei-Wort-Parser nach dem Schema „Verb + Objekt“. Präpositionen oder komplexe Sätze ignoriert das Spiel, Kommandos wie „UNTERSUCHE RAUM“ oder „NIMM SCHLÜSSEL“ reichen. Das passt zur Entstehung mit dem populären Quill-Baukasten: Die Engine war für viele Autoren eine Einladung, Geschichten ohne tiefere Programmierkenntnisse umzusetzen, brachte aber klare Grenzen mit. Magazine wie Amstrad Action kritisierten, dass der Parser unbekannte Wörter nicht benennt, sondern nur lapidar mit „I don’t understand“ oder „You can’t do that“ reagiert – ein Verhalten, das eher an späte 70er-Jahre-Adventures erinnert. Türen erfordern exakt getimte Befehlsfolgen, alternative Formulierungen scheitern schnell. Wer statt „ZÜNDE LAMPE AN“ auf „BENUTZE LAMPE“ kommt, wird abgewiesen. Das bremst den Spielfluss, auch wenn Dracula insgesamt eher einsteigerfreundlich bleibt. Die ersten beiden Episoden verlaufen sehr linear und spielen auf wenigen Schauplätzen, benötigte Objekte liegen meist in der Nähe. Der dritte Teil öffnet die Struktur etwas, bleibt aber ebenfalls moderat im Anspruch; erfahrene Adventure-Spieler sehen den Abspann nach wenigen Stunden.

Trotz überschaubarer Mechanik gewinnt Dracula seine Wirkung aus der Atmosphäre. Rod Pike nutzt den Textspeicher intensiv, beschreibt Schauplätze und Ereignisse detailreich und mit hörbarer Vorliebe für Gothic-Vokabular. Wo andere Adventures der Zeit in knappen Telegrammsätzen sprechen, nimmt sich Dracula Zeit für Stimmung. Beim Einstieg im Gasthof liest der Spieler von flackernden Öllampen, gelben Lichtinseln und dunklen Ecken, in denen das Böse lauern könnte – genau diese Art Prosa lobten Testredaktionen. Crash stellte der Atmosphäre einen sehr hohen Wert gegenüber und sprach von „Romanqualität“ in den Beschreibungen. Die Kehrseite: Pro Kapitel gibt es nur eine Handvoll Räume, teilweise weniger als zehn, was Amstrad Action ausdrücklich notierte. Die fortlaufende Handlung mit geskripteten Ereignissen – Albträume, nächtliche Besuche, Visionen – sorgt für viel Lesestoff, ohne dass der Spieler immer aktiv eingreifen muss. Dracula fühlt sich dadurch eher wie eine interaktive Novelle oder ein Spielbuch an als wie ein klassisches Rätselabenteuer. Wer primär knobeln will, findet hier wenig Futter; wer sich gerne eine Gruselgeschichte erzählen lässt und ab und zu eingreift, wird deutlich besser bedient.

Die grafische Präsentation variiert von System zu System. Auf dem ZX Spectrum (48K) erscheinen die Illustrationen in einfachen, meist monochromen Bitmaps. Zeichner Jared Derrett holt aus der Hardware respektable Bilder heraus, die beim Laden zeilenweise aufgebaut werden und so für kurze Pausen sorgen. Um Speicher zu sparen, gönnt sich das Spiel nur wenige, gezielt eingesetzte Szenenbilder – etwa bei Albträumen oder besonders drastischen Momenten. Für 1986 wirken diese Pixelbilder sicher eindrucksvoll, heute eher harmlos. Amstrad Action kommentierte sinngemäß, die „fiesen Bilder“ seien in Wirklichkeit gar nicht so grausam – und auf einem Grünmonitor noch weniger. Auf dem Amstrad CPC (64K) nutzt Dracula den hochauflösenden Vier-Farben-Modus, was auf Farbbildschirmen durchaus stimmungsvoll wirkt, auf Grünmonitoren aber viele Details verschluckt. Die CPC-Version bleibt zudem weitgehend stumm. Mehr audiovisuelle Wirkung erzielt die C64-Fassung: Dank SID-Chip kann das Spiel eine kurze Titelmusik und simple Spannungs-Effekte abspielen; auch hier stammen die Grafiken von Jared Derrett, angepasst an die Multicolor-Möglichkeiten des Commodore. Auf allen Systemen setzt CRL eine verzierte Schriftart ein, um viktorianisches Flair zu transportieren. Besonders auf dem Spectrum stößt diese Wahl an Grenzen – Crash bezeichnete den Zeichensatz als einen der am schwersten lesbaren, die man je zu entziffern versucht habe. Auf CPC und C64 fällt das Problem weniger stark auf, doch besonders lange Sitzungen werden durch die Typografie anstrengend.

Zur Entstehungsgeschichte lässt sich heute recht klar sagen, wer für was verantwortlich war. Dracula entstand bei CRL unter dem Label The Zen Room. Autor und Designer war Rod Pike, der sich bereits zuvor mit Horror-Adaptionen einen Namen gemacht hatte. Er setzte unter anderem H. P. Lovecrafts The Dunwich Horror als Adventure um und schrieb kurz vor Dracula das mehrteilige Pilgrim. Die grafische Ausgestaltung stammt von Jared Derrett, dessen Name in mehreren Datenbanken den C64- und Spectrum-Fassungen zugeordnet wird. Für Musik und Effekte der C64-Version wird sein Bruder Jay Derrett geführt. Beide tauchen später auch bei weiteren CRL-Horrorprojekten wie Jack the Ripper und Wolfman in den Credits auf. Im Spiel selbst oder in den Handbüchern werden die Derretts nicht immer explizit genannt; ihre Beteiligung lässt sich aber über externe Credit-Sammlungen und Szenequellen nachvollziehen.

Wie reagierte die Presse auf dieses Experiment aus Zensur-Coup und Grusel-Abenteuer? In Großbritannien fielen vor allem die Sinclair-Magazine sehr wohlwollend aus. Crash vergab für die Spectrum-Version eine hohe Gesamtwertung und hob insbesondere Atmosphäre und Textqualität hervor. Sinclair User setzte noch eins drauf und belohnte Dracula mit der Höchstnote von fünf von fünf Punkten. Das frechere Your Sinclair blieb deutlich zurückhaltender: Der zuständige Redakteur lobte die Stimmung, kritisierte aber Umfang und altmodischen Parser und landete bei sechs von zehn Punkten. Auf Commodore-Seite kam das Spiel unterschiedlich an. Commodore User bescheinigte Dracula ein gutes Adventure und lag etwa im 80-Prozent-Bereich, während Computer Gamer sogar eine noch höhere Einschätzung abgab. Computer & Video Games ordnete sich mit einer soliden Acht-von-Zehn-Kategorie ein. Deutlich skeptischer zeigte sich Zzap!64: Dort empfand man das Adventure als zu dünn, um den Hype um die Altersfreigabe zu tragen, und vergab nur eine unterdurchschnittliche Wertung. Besonders störte die Redaktion, dass die angekündigte Schockwirkung in der Praxis eher moderat ausfiel.

In Deutschland fiel das Echo wesentlich kühler aus. Happy Computer zeigte sich in der Besprechung wenig angetan: fehlende deutsche Texte und die zähe Eingabe sorgten für eine deutlich unterdurchschnittliche Wertung und die Empfehlung, nur eingefleischten Adventure-Fans einen Blick zu gönnen. Der Aktuelle Software Markt verfolgte Dracula schon früh; ein Vorabbericht beschäftigte sich vor allem mit der ungewöhnlichen Altersfreigabe und dem Horror-Anspruch. Im eigentlichen Test fielen Grafik und Atmosphäre positiv auf, während der einfache Parser und die lineare Struktur zurückhaltend kommentiert wurden. Insgesamt kam das Spiel im deutschen Markt über einen Nischenstatus nicht hinaus; andere Magazine erwähnten Dracula, wenn überhaupt, eher am Rande.

Mit etwas zeitlichem Abstand bleibt Dracula von 1986 vor allem als Medienphänomen in Erinnerung. CRL nutzte die BBFC-Prüfung geschickt für Schlagzeilen, lange bevor offizielle Altersratings für Spiele zum Standard wurden. Spielerisch reiht sich das Adventure eher in die Kategorie der einfacheren Gruseltitel ein: kein Zork, kein Monkey Island, sondern eine interaktive Horrorgeschichte mit überschaubarem Rätselanteil. Technisch holen die Entwickler aus den drei Zielsystemen ordentlich etwas heraus – der Spectrum profitiert besonders von der starken Textbasis, der C64 punktet mit Musik und Farbe, der CPC liefert eine solide, wenn auch etwas blassere Variante. Der kommerzielle Erfolg blieb moderat, reichte aber aus, um weitere Horror-Adaptionen zu rechtfertigen. Ende der Achtziger verschwand CRL vom Markt, doch Dracula wird in der Retro-Szene heute gerne als kurioser Meilenstein zitiert: als Beispiel dafür, wie weit man mit einer guten Idee, etwas Mut zur Provokation und einem klassischen Stoff kommen konnte, auch wenn die Mechanik im Hintergrund vergleichsweise schlicht bleibt.

 

Dracula – 1986 by CRL

Monty-pythonesker Einfall oder genialer Marketing-Trick? Im Herbst 1986 sorgt ausgerechnet ein Text-Adventure für Schlagzeilen: Dracula von CRL landet beim British Board of Film Censors – und das freiwillig. Computerspiele hatten bis dahin keine Altersfreigaben nötig, doch CRL-Chef Clem Chambers wittert eine Chance. Die Londoner schicken ihr Adventure mit ein paar blutigen Illustrationen zur Behörde und hoffen auf einen Skandal. Die BBFC vergibt tatsächlich ein „15“-Zertifikat, und CRL druckt stolz den Hinweis „nicht geeignet für unter 15-Jährige“ auf die Verpackung. Genau das sorgt für Aufmerksamkeit bei Medien und Horror-Fans. Hinter den Kulissen hätte man zwar gerne das noch drastischere „18“-Siegel gesehen, doch schon so funktioniert der PR-Coup. Im Jahr darauf folgen Frankenstein und 1987 Jack the Ripper – letzteres Spiel erhält dann tatsächlich eine 18er-Freigabe und schreibt damit Zensurgeschichte. Mitten in dieser kleinen Horrorwelle steht CRL mit Autor Rod Pike, der klassische Schauergeschichten als interaktive Fiction auf C64, ZX Spectrum und Amstrad CPC bringt.

Schon 1986 gilt Bram Stokers Dracula-Roman von 1897 als vielzitierter Kultstoff, und Pikes Spiel hält sich eng an die literarische Vorlage. Der junge Anwalt Jonathan Harker reist in die Karpaten, um Graf Dracula beim Immobilienkauf in England zu beraten. Das Spiel gliedert die Handlung in drei eigenständige Teile, die jeweils separat geladen werden. In The First Night verbringt Harker eine unheimliche Nacht im Gasthof „Goldene Krone“. In The Arrival erreicht er Draculas Schloss und begreift, dass er eigentlich Gefangener ist. Gelingt die Flucht, wechselt im dritten Teil The Hunt die Perspektive zu Dr. Seward, Leiter einer Irrenanstalt in Whitby. Er untersucht Harkers Warnungen vor mysteriösen Erde-Kisten und einem „Untoten“, während Patient Renfield immer seltsamer wird. Diese episodische Struktur deckt große Teile der Romanhandlung ab und passt zugleich zu den begrenzten Speicherreserven der 8-Bit-Rechner.

Technisch gehört Dracula klar in die Kategorie der Illustrated Text Adventures. Im Kern ist es ein reines Text-Adventure mit Parser-Eingabe, das wichtige Momente durch statische Bilder ergänzt. Auf allen Systemen arbeitet ein sehr einfacher Zwei-Wort-Parser nach dem Schema „Verb + Objekt“. Präpositionen oder komplexe Sätze ignoriert das Spiel, Kommandos wie „UNTERSUCHE RAUM“ oder „NIMM SCHLÜSSEL“ reichen. Das passt zur Entstehung mit dem populären Quill-Baukasten: Die Engine war für viele Autoren eine Einladung, Geschichten ohne tiefere Programmierkenntnisse umzusetzen, brachte aber klare Grenzen mit. Magazine wie Amstrad Action kritisierten, dass der Parser unbekannte Wörter nicht benennt, sondern nur lapidar mit „I don’t understand“ oder „You can’t do that“ reagiert – ein Verhalten, das eher an späte 70er-Jahre-Adventures erinnert. Türen erfordern exakt getimte Befehlsfolgen, alternative Formulierungen scheitern schnell. Wer statt „ZÜNDE LAMPE AN“ auf „BENUTZE LAMPE“ kommt, wird abgewiesen. Das bremst den Spielfluss, auch wenn Dracula insgesamt eher einsteigerfreundlich bleibt. Die ersten beiden Episoden verlaufen sehr linear und spielen auf wenigen Schauplätzen, benötigte Objekte liegen meist in der Nähe. Der dritte Teil öffnet die Struktur etwas, bleibt aber ebenfalls moderat im Anspruch; erfahrene Adventure-Spieler sehen den Abspann nach wenigen Stunden.

Trotz überschaubarer Mechanik gewinnt Dracula seine Wirkung aus der Atmosphäre. Rod Pike nutzt den Textspeicher intensiv, beschreibt Schauplätze und Ereignisse detailreich und mit hörbarer Vorliebe für Gothic-Vokabular. Wo andere Adventures der Zeit in knappen Telegrammsätzen sprechen, nimmt sich Dracula Zeit für Stimmung. Beim Einstieg im Gasthof liest der Spieler von flackernden Öllampen, gelben Lichtinseln und dunklen Ecken, in denen das Böse lauern könnte – genau diese Art Prosa lobten Testredaktionen. Crash stellte der Atmosphäre einen sehr hohen Wert gegenüber und sprach von „Romanqualität“ in den Beschreibungen. Die Kehrseite: Pro Kapitel gibt es nur eine Handvoll Räume, teilweise weniger als zehn, was Amstrad Action ausdrücklich notierte. Die fortlaufende Handlung mit geskripteten Ereignissen – Albträume, nächtliche Besuche, Visionen – sorgt für viel Lesestoff, ohne dass der Spieler immer aktiv eingreifen muss. Dracula fühlt sich dadurch eher wie eine interaktive Novelle oder ein Spielbuch an als wie ein klassisches Rätselabenteuer. Wer primär knobeln will, findet hier wenig Futter; wer sich gerne eine Gruselgeschichte erzählen lässt und ab und zu eingreift, wird deutlich besser bedient.

Die grafische Präsentation variiert von System zu System. Auf dem ZX Spectrum (48K) erscheinen die Illustrationen in einfachen, meist monochromen Bitmaps. Zeichner Jared Derrett holt aus der Hardware respektable Bilder heraus, die beim Laden zeilenweise aufgebaut werden und so für kurze Pausen sorgen. Um Speicher zu sparen, gönnt sich das Spiel nur wenige, gezielt eingesetzte Szenenbilder – etwa bei Albträumen oder besonders drastischen Momenten. Für 1986 wirken diese Pixelbilder sicher eindrucksvoll, heute eher harmlos. Amstrad Action kommentierte sinngemäß, die „fiesen Bilder“ seien in Wirklichkeit gar nicht so grausam – und auf einem Grünmonitor noch weniger. Auf dem Amstrad CPC (64K) nutzt Dracula den hochauflösenden Vier-Farben-Modus, was auf Farbbildschirmen durchaus stimmungsvoll wirkt, auf Grünmonitoren aber viele Details verschluckt. Die CPC-Version bleibt zudem weitgehend stumm. Mehr audiovisuelle Wirkung erzielt die C64-Fassung: Dank SID-Chip kann das Spiel eine kurze Titelmusik und simple Spannungs-Effekte abspielen; auch hier stammen die Grafiken von Jared Derrett, angepasst an die Multicolor-Möglichkeiten des Commodore. Auf allen Systemen setzt CRL eine verzierte Schriftart ein, um viktorianisches Flair zu transportieren. Besonders auf dem Spectrum stößt diese Wahl an Grenzen – Crash bezeichnete den Zeichensatz als einen der am schwersten lesbaren, die man je zu entziffern versucht habe. Auf CPC und C64 fällt das Problem weniger stark auf, doch besonders lange Sitzungen werden durch die Typografie anstrengend.

Zur Entstehungsgeschichte lässt sich heute recht klar sagen, wer für was verantwortlich war. Dracula entstand bei CRL unter dem Label The Zen Room. Autor und Designer war Rod Pike, der sich bereits zuvor mit Horror-Adaptionen einen Namen gemacht hatte. Er setzte unter anderem H. P. Lovecrafts The Dunwich Horror als Adventure um und schrieb kurz vor Dracula das mehrteilige Pilgrim. Die grafische Ausgestaltung stammt von Jared Derrett, dessen Name in mehreren Datenbanken den C64- und Spectrum-Fassungen zugeordnet wird. Für Musik und Effekte der C64-Version wird sein Bruder Jay Derrett geführt. Beide tauchen später auch bei weiteren CRL-Horrorprojekten wie Jack the Ripper und Wolfman in den Credits auf. Im Spiel selbst oder in den Handbüchern werden die Derretts nicht immer explizit genannt; ihre Beteiligung lässt sich aber über externe Credit-Sammlungen und Szenequellen nachvollziehen.

Wie reagierte die Presse auf dieses Experiment aus Zensur-Coup und Grusel-Abenteuer? In Großbritannien fielen vor allem die Sinclair-Magazine sehr wohlwollend aus. Crash vergab für die Spectrum-Version eine hohe Gesamtwertung und hob insbesondere Atmosphäre und Textqualität hervor. Sinclair User setzte noch eins drauf und belohnte Dracula mit der Höchstnote von fünf von fünf Punkten. Das frechere Your Sinclair blieb deutlich zurückhaltender: Der zuständige Redakteur lobte die Stimmung, kritisierte aber Umfang und altmodischen Parser und landete bei sechs von zehn Punkten. Auf Commodore-Seite kam das Spiel unterschiedlich an. Commodore User bescheinigte Dracula ein gutes Adventure und lag etwa im 80-Prozent-Bereich, während Computer Gamer sogar eine noch höhere Einschätzung abgab. Computer & Video Games ordnete sich mit einer soliden Acht-von-Zehn-Kategorie ein. Deutlich skeptischer zeigte sich Zzap!64: Dort empfand man das Adventure als zu dünn, um den Hype um die Altersfreigabe zu tragen, und vergab nur eine unterdurchschnittliche Wertung. Besonders störte die Redaktion, dass die angekündigte Schockwirkung in der Praxis eher moderat ausfiel.

In Deutschland fiel das Echo wesentlich kühler aus. Happy Computer zeigte sich in der Besprechung wenig angetan: fehlende deutsche Texte und die zähe Eingabe sorgten für eine deutlich unterdurchschnittliche Wertung und die Empfehlung, nur eingefleischten Adventure-Fans einen Blick zu gönnen. Der Aktuelle Software Markt verfolgte Dracula schon früh; ein Vorabbericht beschäftigte sich vor allem mit der ungewöhnlichen Altersfreigabe und dem Horror-Anspruch. Im eigentlichen Test fielen Grafik und Atmosphäre positiv auf, während der einfache Parser und die lineare Struktur zurückhaltend kommentiert wurden. Insgesamt kam das Spiel im deutschen Markt über einen Nischenstatus nicht hinaus; andere Magazine erwähnten Dracula, wenn überhaupt, eher am Rande.

Mit etwas zeitlichem Abstand bleibt Dracula von 1986 vor allem als Medienphänomen in Erinnerung. CRL nutzte die BBFC-Prüfung geschickt für Schlagzeilen, lange bevor offizielle Altersratings für Spiele zum Standard wurden. Spielerisch reiht sich das Adventure eher in die Kategorie der einfacheren Gruseltitel ein: kein Zork, kein Monkey Island, sondern eine interaktive Horrorgeschichte mit überschaubarem Rätselanteil. Technisch holen die Entwickler aus den drei Zielsystemen ordentlich etwas heraus – der Spectrum profitiert besonders von der starken Textbasis, der C64 punktet mit Musik und Farbe, der CPC liefert eine solide, wenn auch etwas blassere Variante. Der kommerzielle Erfolg blieb moderat, reichte aber aus, um weitere Horror-Adaptionen zu rechtfertigen. Ende der Achtziger verschwand CRL vom Markt, doch Dracula wird in der Retro-Szene heute gerne als kurioser Meilenstein zitiert: als Beispiel dafür, wie weit man mit einer guten Idee, etwas Mut zur Provokation und einem klassischen Stoff kommen konnte, auch wenn die Mechanik im Hintergrund vergleichsweise schlicht bleibt.

 

WordStar – 1979 by MicroPro

WordStar – Als Tastaturkürzel König waren und DOS die Bühne hielt

Als Mikrocomputer Ende der siebziger Jahre zunehmend in Werkstätten, Büros und Hobbykellern auftauchten, wuchs der Wunsch nach einer Textverarbeitung, die ernsthafte Schreibarbeit ermöglichen konnte. Seymour I. Rubinstein, vormals bei IMSAI tätig, erkannte diese Lücke und gründete 1978 MicroPro International. Er engagierte den außergewöhnlich begabten Programmierer Rob Barnaby, der bereits zuvor systemnahe Editoren für CP/M entwickelt hatte und in Fachkreisen als jemand galt, der Programme eher aus der Perspektive der Maschine als jener des Anwenders dachte. Zeitgenossen beschrieben ihn als einen Entwickler, der keine Rücksicht auf konventionelle Benutzerführung nahm, sondern darauf vertraute, dass Menschen seine effiziente, aber anspruchsvolle Logik erlernen konnten. Ein Ausspruch, den frühere Kollegen Barnabys überlieferten, bringt dies gut auf den Punkt: „Rob wrote software for the computer, and expected people to keep up“ („Rob schrieb Software für den Computer und erwartete, dass die Menschen mithalten“).

Barnaby entwickelte WordStar zwischen 1978 und 1979 fast vollständig in handoptimiertem 8080-Assembler, und weil CP/M-Systeme nur 64 Kilobyte Arbeitsspeicher boten, entwarf er ein ausgeklügeltes Overlay-System, das Programmteile je nach Bedarf nachlud. Dass viele Terminals dieser Zeit keine Pfeiltasten besaßen, führte zu seinem berühmten Steuerungsdiamanten: Ctrl-S, Ctrl-E, Ctrl-D und Ctrl-X für die Bewegung des Cursors. Dieser Tastensatz wurde auf Dutzenden Plattformen übernommen und machte WordStar zu einem Werkzeug, das überall gleich funktionierte – ein Vorteil, den kein Konkurrent jener Zeit in diesem Umfang bieten konnte. Ein Nutzer erinnerte sich viele Jahre später: „Once you got the hang of the WordStar keystroke diamond it was magic to use“ („Wenn man den WordStar-Diamond einmal beherrschte, war er magisch zu benutzen“).

WordStar erschien im Juni 1979 zu einem Preis von 495 US-Dollar, inflationsbereinigt rund 1.300 Euro. Der Betrag war hoch, aber WordStar bot Funktionen, die seiner Zeit voraus waren: automatischer Zeilenumbruch, Seitenvorschau im Textmodus, Blockbearbeitung, Seriendruck, einfaches Makrosystem und eine sauber strukturierte Dokument- und Nicht-Dokument-Logik. Durch OEM-Bundles, insbesondere mit dem Osborne 1, verbreitete sich das Programm schnell. BYTE schrieb 1983 anerkennend: „without a doubt the best-known and probably the most widely used personal computer word-processing program“ („ohne Zweifel das bekannteste und wahrscheinlich am weitesten verbreitete Textverarbeitungsprogramm für Personal Computer“). ThoughtCo bezeichnet WordStar später als „the first commercially successful word-processing software program for microcomputers“ („die erste kommerziell erfolgreiche Textverarbeitungssoftware für Mikrocomputer“). Rubinstein sagte rückblickend: „WordStar was a tremendous learning experience. I didn’t know all that much about the world of big business“ („WordStar war eine gewaltige Lernerfahrung. Ich wusste nicht allzu viel über die Welt des großen Geschäfts“).

Intern verlief die Entwicklung allerdings unruhig. Der rapide wachsende Erfolg erforderte Teamarbeit, doch Barnabys ursprünglicher Quelltext war maschinennah, komplex und nur spärlich dokumentiert. Mehrere Entwickler mussten später Teile des Codes praktisch neu erschließen, als das Programm für MS-DOS und weitere Plattformen angepasst wurde. Trotz dieser Herausforderungen blieb WordStar über Jahre das dominierende Schreibwerkzeug auf CP/M und frühen DOS-Rechnern.

Die Fachpresse sah WordStar zugleich als mächtig und schwierig. PC Magazine sprach von einer „arrogant indifference to user feedback“ („arroganten Gleichgültigkeit gegenüber Nutzerfeedback“) und bezeichnete es dennoch als „the most powerful word processor available“ („die mächtigste verfügbare Textverarbeitung“). Diese doppelte Wahrnehmung fasst die Retroanalyse gut zusammen, die WordStar als „arrogant, difficult, powerful“ („arrogant, schwierig, mächtig“) einstuft. Die Lernkurve war steil, aber wer sie meisterte, schrieb schneller als mit jedem anderen Programm seiner Zeit.

Während WordStar Anfang der achtziger Jahre Marktführer war, gewann WordPerfect rasch an Boden. Ein zeitgenössischer Tester beschrieb WordPerfect als „more than full-featured“ („mehr als voll ausgestattet“) und betonte Funktionen, die in WordStar fehlten, insbesondere im Bereich Druckeransteuerung und Formatlogik. MicroPros Antwort, WordStar 2000, entfernte sich so weit vom bekannten Bedienkonzept, dass viele treue Nutzer es ablehnten; ein Tester spottete, es habe „all the charm of an elephant on motorized skates“ („den Charme eines Elefanten auf motorisierten Rollschuhen“).

Der Niedergang setzte sich in den frühen neunziger Jahren fort, bis MicroPro schließlich in anderen Firmenstrukturen aufging. Dennoch bleibt WordStar ein kulturelles Phänomen, das weit über seine technische Ära hinausstrahlt. Der Science-Fiction-Autor Robert J. Sawyer schrieb seine Werke bis in die 2010er-Jahre in WordStar 7 unter MS-DOS, und George R. R. Martin erklärte öffentlich, er nutze bis heute WordStar 4.0 auf einem vom Netz getrennten Rechner, weil moderne Programme ihn beim Schreiben störten. Sein Satz „I don’t want any help“ („Ich will keine Hilfe“) beschreibt treffend jene Schlichtheit, die viele Autoren auch Jahrzehnte später noch an WordStar schätzen.

Heute lebt WordStar in Emulationen wie DOSBox-X weiter, und seine Tastenkombinationen haben den Sprung in Unix-Editoren wie „jstar“ geschafft. WordStar ist damit eines der wenigen Textverarbeitungsprogramme, dessen Erbe nicht in Menüs oder Icons, sondern im Muskelgedächtnis seiner Nutzer fortbesteht. Es war nie das freundlichste Programm, aber eines der kraftvollsten – ein Werkzeug aus einer Ära, in der Software nicht dekoriert, sondern geschmiedet wurde, und in der Geschwindigkeit und Präzision den Ausschlag gaben.

Snake – 1997 by Nokia

Snake – Nicht von Nokia erfunden, aber von Nokia unsterblich gemacht

In einer Zeit, als das mobile Internet noch sündhaft teuer mit Dublonen oder der eigenen Seele bezahlt werden musste, war der Mobilfunknutzer auf wenige Möglichkeiten der Unterhaltung während der Busfahrt beschränkt, sofern er nicht immer wieder alte SMS sichten oder aber telefonieren wollte. Nokia hatte mit den Nutzern Mitleid und präsentierte ab 1997 Kurzweil – und diese Kurzweil hieß Snake. Preislich war Snake untrennbar mit dem Kauf eines Nokia-Handys verbunden – es war also faktisch kostenlos. Dass ein monochromes Display mit vier Richtungen und einer stetigen Bewegung der Schlange eine ganze Generation prägen würde, erwartete damals niemand. Doch das Spiel wurde auf über 350 Millionen Geräten ausgeliefert und damit zu einem der populärsten Titel der Welt, gespielt in Pausenhöfen, in U-Bahnen, in überlangen Schulstunden und in stillen Momenten, in denen das Telefon sonst nur Uhrzeit, Akku und die obligatorische SMS-Zahl anzeigte. Doch Nokia hatte das Spiel nicht erfunden.

Als digitale Spiele noch als mathematische Fingerübungen galten und Terminals nur ein paar blockige Zeichen darstellen konnten, entstanden die ersten Linien- und Labyrinthspiele, die später unter dem Namen Snake weltberühmt werden sollten. Unter frühen Bezeichnungen wie Worm, Blockade (Gremlin, 1976) oder Rattler lebte die Idee stets fort: Eine Linie bewegt sich kontinuierlich, wächst beim Einsammeln von Objekten, und der Spieler scheitert, wenn er die eigenen Segmente berührt. Die Mechanik war so elementar, dass sie auf Großrechnern, Homecomputern und später Taschenrechnern gleichermaßen funktionierte – ein Sinnbild für universelles Spieldesign.

Eine besondere Rolle spielte Nibbles.bas, jener kleine QBasic-Klassiker, den Microsoft tatsächlich als Bestandteil von MS-DOS 5.0 und 6.x mitlieferte. Er befindet sich korrekt im QBasic-Verzeichnis und war als Lernbeispiel für angehende Programmierer gedacht, entwickelte sich jedoch rasch zu einem der heimlichen Favoriten im Informatikunterricht. Zusammen mit Gorillas.bas war Nibbles die erste Berührung vieler junger Nutzer mit Code, den man öffnen, verändern und neu starten konnte – eine direkte, greifbare Form des Lernens, bei der man die Mechanik eines Spiels nicht nur sah, sondern begriff. Nibbles selbst setzte auf klar definierte Levelbegrenzungen und strukturierte Spiellogik und wurde dadurch zum Musterbeispiel für elegantes Minimaldesign.

Seine Faszination liegt in einer einfachen, aber brillanten Dynamik: Jeder Erfolg begrenzt den eigenen Raum. Je länger die Schlange, desto enger das Spielfeld, desto knapper die Entscheidungen. Der Spieler schafft sich seine eigene Falle Stück für Stück – und genau dieses stetige Schrumpfen der freien Fläche erzeugt einen Sog, der bis heute wirkt. Snake gehört zu den wenigen Spielen, die vollkommen ohne Ornament funktionieren; alles, was sichtbar ist, hat Bedeutung.

Varianten gibt es unzählige. Einige erhöhen automatisch das Tempo, andere setzen Hindernisse, wieder andere erlauben diagonale Bewegungen oder Mehrspielerduelle. Doch die ikonische Darstellung auf Nokia-Geräten – blockig, piepsend, unmissverständlich – gilt bis heute als die stilprägendste. Sie ist zu einem visuellen Archetyp aller mobilen Spiele geworden, ein Symbol einer Ära, in der man unterwegs spielte, ohne Apps, ohne App Stores, ohne Touchscreens, ja sogar ohne Farbbildschirm.

Online ist Snake nach wie vor fast überall spielbar. Zahlreiche Browser-Umsetzungen greifen die Optik der Nokia-Version auf, Emulatorseiten bieten Nibbles.bas als modifizierbare Originalfassung, und diverse Retroportale halten den minimalistischen Stil lebendig. Manche ältere YouTube-Player-Versionen kannten kleine Easter Eggs, doch diese Funktion ist inzwischen weitgehend verschwunden. Dennoch findet man spielbare Ableger praktisch überall, wo Pixel erlaubt sind.

In der Rückschau erscheint Snake als eines der reinsten Beispiele für zeitloses Spieldesign. Es ist universell verständlich, mechanisch transparent, sofort lernbar und mit jedem zusätzlichen Punkt spannender als zuvor. Gerade diese einfache Logik, die sich auf jedem System – ob Rechner, Handy oder Browser – nahezu unverändert umsetzen lässt, macht Snake zu einem jener Spiele, die nicht altern, sondern schlicht existieren.

Lode Runner – 1983 by Brøderbund Software

Lode Runner (1983) – Minimalismus, Spannung und 150 Wege in die Sucht

Lode Runner (1983) – Minimalismus, Spannung und 150 Wege in die Sucht

Als Anfang der Achtziger an amerikanischen Universitäten noch Lochkarten staubten und Großrechner im Neonflackern brummten, entstand ein Spiel, das mit radikaler Schlichtheit neue Maßstäbe setzte: Lode Runner. Seine Wurzeln liegen in ASCII-Prototypen wie Suicide auf dem Commodore PET, deren Engine bereits sauber getrennte Leveldaten nutzte. Auf einem Prime-550-Minicomputer entstand daraus das Spiel Kong, versteckt hinter dem Tarnbefehl graph. Zeitzeugen berichten, dass auf vielen Universitätsrechnern dieser Befehl zum inoffiziellen Geheimtipp wurde – eine kleine studentische Untergrundszene, die das Fundament legte. Douglas E. Smith übertrug das Konzept später auf den Apple II und entwickelte Miner, eine noch rohe Fassung mit ruckelnden Sprites und schwarz-weißer Optik. Doch das Fundament war gelegt: graben, fliehen, taktieren.

Smith schickte den Prototyp an mehrere Publisher. Broderbund bot den geringsten Vorschuss, aber die besten Royalties – eine Entscheidung, die sich später als Glücksgriff herausstellte. Der Verlag verlangte flüssige Animationen und 150 spielbare Levels. Mit dem eingebauten Editor gelang das nur, weil Freunde, Nachbarskinder und Studenten dutzende Bildschirme entwarfen; ein großer Teil der finalen Levels stammt aus dieser frühen „Volkswerkstatt“, lange bevor der Begriff „User Generated Content“ existierte.

Die Mechanik ist bis heute einzigartig reduziert und deshalb so klar: Der Spieler sammelt Gold, gräbt temporäre Löcher, trickst Wachen aus und nutzt sie manchmal als unfreiwillige Trittsteine. Feste Bildschirme, präzise Wege, missverständnisfrei lesbare Elemente – ein Baukasten, der wie Schach in Echtzeit funktioniert. Die Wachen agieren überraschend clever, sammeln sogar Gold ein, das sie beim Sturz in ein Loch wieder verlieren. Fehler im Timing können ein Level unlösbar machen, doch gerade diese Konsequenz macht den Reiz aus.

Die Apple-II-Version bleibt minimalistisch, einfarbig und beinahe asketisch. Der C64 fügt weichere Sprites und typischen SID-Sound hinzu, während der Atari-8-Bit technisch zwischen beiden liegt. CGA auf dem PC wirkt härter, aber spielmechanisch identisch. In Japan entstand eine zweite Identität: Hudson Softs Famicom-Version bot Scrollbewegungen, Musik, buntere Optik und einen funktionalen Editor, dessen Levels sich per Data Recorder speichern ließen. Irem brachte 1984 sogar eine Arcade-Fassung heraus – bemerkenswert, da hier eines der ersten amerikanischen Heimcomputerspiele zur Grundlage eines japanischen Arcade-Titels wurde.

Der Erfolg war unmittelbar und enorm. Lode Runner wurde schnell zu Broderbunds größtem Hit und verkaufte sich weltweit millionenfach, besonders in Japan. Für Smith bedeutete das hohe Royalties und den plötzlichen Sprung vom Studenten zum unerwartet wohlhabenden Designer eines minimalistischen Puzzle-Plattformers.

Zeitgenössische Magazine lobten die Mischung aus Denksport und Action. Softline nannte das Spiel 1983 „smooth, thoughtful, and quite addictive“ („flüssig, durchdacht und ziemlich süchtig machend“). Computer Gaming World bezeichnete es als „one of the few thinking men's arcade games“ („eines der wenigen Arcade-Spiele für denkende Spieler“). Zzap!64 attestierte der C64-Version: „graphically minuscule and aurally crude, the game's sheer addiction kept my eyes propped open until the owls went to bed“ („grafisch winzig und klanglich grob, aber so süchtig machend, dass ich wach blieb, bis die Eulen schlafen gingen“). Bei den 5th Arkie Awards wurde der Titel 1984 als „outstanding design“ und „irresistible“ ausgezeichnet. In späteren Rückblicken rangiert Lode Runner regelmäßig unter den wichtigsten Apple-II- und Puzzle-Spielen aller Zeiten.

In Deutschland lagen die Preise für die gängigen Heimcomputerfassungen typischerweise zwischen 39 und 59 DM, je nach Händler und System – inflationsbereinigt etwa 55–60 Euro. Spätere Ariolasoft-Budgetversionen („Hits!“) machten den Titel auch für Sparfüchse attraktiv, während die zahlreichen Ports und Varianten für eine beständige Präsenz in Regalen und Magazinen sorgten.

CP/M

CP/M: Die Vision eines Mannes, die zur Blaupause des PCs wurde

 

 

Gary Kildall war einer jener frühen Computerpioniere, die sich selbst kaum als solche betrachteten und dennoch eine ganze Ära prägten. Geboren 1942 in Seattle und später Professor an der Naval Postgraduate School in Monterey, galt er als technisch brillanter Kopf, der lieber experimentierte als sich mit geschäftlichen Formalitäten aufzuhalten. Zeitzeugen beschrieben ihn häufig als außergewöhnlich kreativ, aber nicht als jemanden, der sich besonders für harte Verhandlungen begeisterte – ein Charakterzug, der seine spätere Rolle in der Geschichte der Mikrocomputerindustrie mitprägte.

Seine Karriere begann bei Intel, wo er sich früh mit dem brandneuen 8080-Prozessor beschäftigte, dort die höhere Programmiersprache PL/M entwickelte und Werkzeuge schuf, die er später als „die ersten richtigen Werkzeuge des Mikrocomputerzeitalters“ bezeichnete. Diese Arbeit bildete die Grundlage für seine späteren Betriebssystemexperimente. Doch Intel interessierte sich wenig für eine eigene Betriebssystemlinie. Die Lücke nutzte Kildall – oder genauer gesagt: sie ließ sich durch seine Neugier schließen. Nach Feierabend experimentierte er zuhause mit Diskettencontrollern und schrieb ab 1973 an den ersten Fassungen dessen, was später CP/M werden sollte.

Für Laien lässt sich die Entstehung von CP/M leicht erklären: In den frühen 1970er-Jahren existierten Mikrocomputer meist nur als Prozessoren mit rudimentärer Software. Jeder Hersteller entwickelte eigene Lösungen, Programme ließen sich kaum übertragen, und ein gemeinsamer Standard war nicht in Sicht. CP/M war das erste wirklich weit verbreitete Mikrocomputer-Betriebssystem, das Ordnung in einen Markt brachte, der zuvor aus hunderten nicht miteinander kommunizierenden Inseln bestanden hatte. Es machte die frühen Rechner vergleichbar und erlaubte es, identische Programme auf völlig unterschiedlichen Maschinen zu nutzen. Was heute selbstverständlich ist – ein Betriebssystem, das Dateien verwaltet, den Startvorgang steuert und Programme lädt – war damals ein fundamentaler Fortschritt. Viele Historiker bezeichnen CP/M daher als das erste professionelle Betriebssystem der Personalcomputer-Ära.

CP/M entstand aus Kildalls Arbeit bei Intel, wo er PL/M entwickelte und Werkzeuge für den 8080 schrieb. Nach Feierabend experimentierte er zu Hause mit frühen Diskettensteuerungen und begann ab 1973 an der ersten Version zu arbeiten. Der entscheidende Schritt gelang ihm, als er eine effiziente Methode fand, Diskettenlaufwerke mit Mikroprozessoren anzusteuern – ein technisches Problem, das bis dahin als schwierig galt. Intel zeigte an einem eigenen Betriebssystem wenig Interesse, doch für Kildall war dies der Ausgangspunkt einer neuen Ära.

Gemeinsam mit seiner Frau Dorothy McEwen gründete er Digital Research, jene Firma, die CP/M kommerzialisierte und zur dominierenden Plattform der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre machte. Die Struktur von CP/M war ebenso einfach wie genial. Es bestand aus drei Komponenten: dem BIOS, das alle hardwarespezifischen Routinen enthielt; dem BDOS, der den Zugriff auf Dateien, Laufwerke und Systemdienste regelte; und dem CCP, dem Console Command Processor, der die Kommandozeile bereitstellte. Für Nichtfachleute lässt sich diese Architektur so beschreiben: Das BIOS sprach die Hardware, der BDOS bildete den Kern des Betriebssystems, und der CCP war die sichtbare Benutzerschnittstelle. Gerade diese klare Aufteilung machte CP/M extrem portierbar: Hersteller mussten lediglich ein eigenes BIOS schreiben, während der Rest unverändert blieb.

Die Arbeitsweise war einfach, aber effizient. Nach dem Einschalten erschien das bekannte „A>“-Prompt. Befehle wie DIR oder ERA wurden direkt ausgeführt, externe Programme lagen als .COM-Dateien vor und kehrten nach ihrem Ablauf wieder an das Betriebssystem zurück. Das Dateiformat mit acht Zeichen Dateiname und drei Zeichen Erweiterung, später als „8.3-Format“ bekannt, wanderte später direkt in MS-DOS. Ebenso die Laufwerksbuchstaben A:, B: und C:, die viele heute fälschlich ausschließlich mit Microsoft verbinden.

Wirtschaftlich war CP/M ein Meilenstein. Es gilt heute als das erste kommerziell erfolgreiche 8-Bit-Betriebssystem und lief auf mehreren hundert unterschiedlichen Computern – von North Star und Osborne über Kaypro bis zu Amstrad und zahlreichen industriellen Modellen. Konservative Schätzungen sprechen von über 300 Modellen, einige Archive nennen sogar zwischen 400 und 500, je nach Zählweise. Die enorme Verbreitung war möglich, weil CP/M erstmals portable Software ermöglichte: WordStar, dBASE II oder SuperCalc wurden zu industriellen Standards und prägten ganze Berufsgruppen. Wer CP/M unterstützte, konnte sofort auf einen großen Softwarepool zugreifen, was den Erfolg vieler Hersteller überhaupt erst ermöglichte.

Technisch lief CP/M üblicherweise auf Intel-8080- oder Zilog-Z80-Prozessoren mit 16 bis 64 KB RAM und einem oder zwei 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerken. Spätere Versionen wie CP/M Plus (CP/M 3.0) unterstützten durch Bankswitching mehr Speicher und erweiterten den Funktionsumfang deutlich. Ein entscheidender Vorteil gegenüber proprietären Systemen wie Apple DOS oder dem TRS-80-Betriebssystem war die Offenheit: Hersteller konnten ihre Maschinen schnell CP/M-fähig machen, ohne selbst ein komplettes Betriebssystem entwickeln zu müssen.

Einer der am häufigsten diskutierten Momente der Computergeschichte ist die gescheiterte Verhandlung zwischen IBM und Digital Research über eine Lizenz für den IBM PC. Zeitgenössische Dokumente und mehrere Interviews – darunter Tom Rolander im Gespräch für die 1995 ausgestrahlte Folge „The Computer Chronicles: A Tribute to Gary Kildall“ – belegen, dass es zu Missverständnissen kam, teils durch juristische Unklarheiten, teils durch die ungewöhnlich hastig angesetzten Termine. IBM verließ das Treffen ohne Vertrag, Microsoft sprang ein, und MS-DOS wurde zum Standard der PC-Ära. Viele Historiker sehen darin den Punkt, an dem CP/M vom dominierenden System zum „verlorenen Standard“ wurde.

Preislich bewegte sich CP/M in einem Bereich, der je nach Lizenzmodell und Jahr variierte. Typische OEM-Lizenzen lagen zwischen 70 und 100 US-Dollar, was inflationsbereinigt etwa 230–330 US-Dollar im Jahr 2025 entspricht. Umfangreichere Produkte wie CP/M-86 kosteten als Einzelversion zwischen 250 und 400 US-Dollar, inflationsbereinigt ungefähr 780–1250 US-Dollar. Für kleine Firmen und Privatanwender waren dies spürbare Summen, doch angesichts der Stabilität und Portabilität erhielten sie erstmals eine professionelle Softwareumgebung.

Die Nachfolger von CP/M waren ehrgeizig: MP/M brachte Multitasking auf Mikrocomputer, CP/M-86 leitete den Übergang in die 16-Bit-Welt ein, und DR-DOS wurde später zum direkten Konkurrenten von MS-DOS. Doch der Markt hatte sich längst zugunsten der IBM-PC-Kompatibilität entschieden. Was blieb, war ein technisches Fundament, dessen Konzepte – das BIOS-Modell, das 8.3-Dateiformat und die Kommandozeilenarchitektur – in vielen Systemen bis heute weiterleben.

Damit steht CP/M als Monument einer Zeit, in der Mikrocomputer noch wagemutige Experimente waren und jeder Fortschritt eine ganze Branche verändern konnte. Ohne CP/M hätte die junge Personalcomputerwelt keinen einheitlichen Standard besessen – und ohne Gary Kildall wäre diese entscheidende Weiche nie gestellt worden. Er schrieb die Regeln einer Industrie, ohne je das Bedürfnis zu verspüren, sie anderen aufzuzwingen. Genau darin liegt sein Vermächtnis.

 

Buggy Boy – 1985 by Tatsumi

Flagge zeigen! Buggy Boy und der Offroad-Rausch

Buggy Boy CoverIn den Spielhallen von 1985 gab es nicht viele Rennspiele, die gleich beim Anschalten so deutlich sagten: „Ich bin größer als dein Fernseher zu Hause.“ Buggy Boy, entwickelt von Tatsumi Electronics, setzte genau dieses Statement — im wahrsten Sinne dreifach. Die Deluxe-Variante des Automaten nutzte drei nebeneinander angeordnete Monitore für eine Panorama-Sicht, die selbst in der Epoche prächtiger Röhren eine Seltenheit war. Der technische Unterbau: zwei Intel-8086-CPUs für Grafik & Spielablauf, ein Z80 als Sound-Prozessor, flankiert von zwei AY-3-8910-Soundchips, die für dieses prägnant fröhliche Offroad-Gezwitscher verantwortlich waren. Die Auflösung variierte je nach Kabinett, typisch rund 512×224 Pixel, und war schnell genug, um üppig scrollende Rennlandschaften darzustellen. Sprünge über Baumstämme, Banden, Tore und aufblinkende Flaggen ließen das Fahrgefühl hektisch, aber stets nachvollziehbar wirken — Arcade-Physik at its finest.

Die Geschichte? Nun — stellen wir uns einfach vor, dass der Buggy selbst der Held ist. Buggy Boy braucht kein Narrativ, das darüber hinausgeht, dass wir alle einmal über eine Holzrampe fliegen wollen, während ein Publikum uns anfeuert. Die fünf Strecken (Offroad – ein Rundkurs – sowie die Punkt-zu-Punkt-Himmelsrichtungen Nord, Süd, Ost, West) setzen auf eine reine „ein Leben, eine Chance“-Mechanik. Nur Zeitboni durch Tore oder extra Punkte durch waghalsiges Zwei-Räder-Fahren halten das Abenteuer am Leben. Und genauso schnell endet es auch — wie 50 Pfennig in einer deutschen Spielhalle.

Die Entwickler bei Tatsumi nahmen technisch das auf, was sie mit dem Vorgänger TX-1 begonnen hatten: Panorama-Hardware als Spielgefühl, nicht nur als Grafikgimmick. Namen sind aus der Zeit durch fehlende Arcade-Credits nicht eindeutig überliefert, aber mehrere Teammitglieder wanderten später zu Titeln wie Cycle Warriors weiter und behielten ihre Liebe zu außergewöhnlichen Fahrperspektiven. Esist gut erkennbar, dass Buggy Boy als Weiterentwicklung einer Vision entstand: Racing nicht als Simulation, sondern als Fun-Maschine.

Die Heimversionen erzielten dann kleine technische Wunder — besonders auf dem Commodore 64, der eigentlich keine Panoramaberge gewohnt war. Dennoch gelang eine Version, die legendär wurde. ZZap!64 urteilte: „The graphics are absolutely superb — I’ve never seen such a smooth and realistic 3D effect, and the ‘feel’ of the control method is tremendous.“
(„Die Grafik ist absolut hervorragend — so einen weichen und realistischen 3D-Effekt habe ich noch nie gesehen, und das Steuerungsgefühl ist großartig.“)

Bei einem damaligen Preis von etwa £25–30 (entspräche ca. £65–70 heute) wurde hier echtes Arcade-Adrenalin ins Wohnzimmer getragen — ohne dass jemand dafür drei Monitore stapeln musste. Die Amiga- und ST-Versionen gaben mehr Farbe und ruhigeres Scrolling, aber verloren naturgemäß die technische Extravaganz der Automatenhardware. ZX Spectrum und Amstrad CPC kämpften mit reduzierten Bildschirmen und Detailstufen, doch blieben fairste Übersetzungen des Originals: Offroad-Staub zum Anfassen – nur etwas kompakter.

Heute, in der Rückschau, wirkt Buggy Boy wie der charmant freche Cousin der großen Rennspiel-Ikonen: weniger Autobahn-Eleganz, dafür ungezähmte Holperpiste. Ein Spiel, das beweist, dass Spaß nicht größer sein muss als ein kristallklarer Plot — sondern schneller als die Schwerkraft und lauter als zwei AY-Chips auf Touren.

First Samurai Cover

First Samurai – 1991 by Image Works

Erster Schlag des Samurai – Vivid Image schickt uns 1991 auf pixelige Ehrenmission

First Samurai CoverIn einer stillen Stunde des alten Japan fällt der Dämonenkönig über Meister und Schüler her; der Meister sinkt, der junge Krieger schwört Rache und jagt den Feind durch Raum und Zeit. First Samurai übersetzt diese klassische Racheballade in einen Seitenläufer, der Prügeleien, Plattform-Wege und kleine Rätselschleusen verbindet: Faust und Fuß, dann das funkelnde Katana, dazu Wurfäxte und Messer; verliert der Held zu viel Kraft, verliert er sein Schwert – eine elegante Dramaturgie, die in zeitgenössischen Tests als besonderer Spannungshebel hervorgehoben wurde. Die britische Presse war früh begeistert: “From the opening sequence to the final battle, this game drips quality.” („Von der Eröffnungssequenz bis zur letzten Schlacht trieft dieses Spiel vor Qualität.“) schrieb Amiga Power und vergab 91 %. Kurz darauf urteilte Amiga Format: “Gameplay, good coding and gloss. The total arcade package in one game.” („Gameplay, gutes Coding und Glanz. Das komplette Arcade-Paket in einem Spiel.“) – ebenfalls 91 %.

Im deutschsprachigen Raum mochte man vor allem Technik, Farbenreichtum und das Parallax-Scrollen. Amiga Joker brachte es 1/92 schnörkellos auf den Punkt: „First Samurai zur Zeit die ultimative Asien-Prügelei!“ und kam in der Endnote auf 82 % (Grafik 88, Sound 87, Steuerung 78, Dauerspaß 82). CU Amiga hielt parallel drüben auf der Insel fest: “Smarter than the average beat ’em-up.” („Klüger als das durchschnittliche Beat ’em-up.“) und legte 91 % drauf. In Frankreich fielen die Noten sogar noch üppiger aus: Joystick notierte 94 % für die Amiga-Fassung, Génération 4 listete 87 % für die PC-Version im Heft 47 (09/1992) – ein europaweites Schulterklopfen für Vivid Image.

Das Spielgefühl ruht auf drei Säulen: frei atmendes Level-Layout statt enger Arena, kombinatorischer Kampf (Schläge, Tritte, Wurfwaffen) und punktierte Magie (Glocke → Zauberer räumt Hindernisse ab). Das wirkt bis heute wie der wohldosierte Gegenentwurf zur reinen Arcade-Hatz. Visuell überzeugt der Titel mit großflächigen, farbsatten Kulissen; sogar Details wie das helle Aufblitzen der Klinge fanden in Tests Erwähnung. Der vielzitierte Amiga-Reviews-Sammelüberblick fasst die britische Amiga Format-Eloge so zusammen: “Laden with subtle gameplay tricks and stunning effects … everything an Amiga game should be – and more besides. Hallelujah!” („Vollgepackt mit subtilen Gameplay-Tricks und umwerfenden Effekten … alles, was ein Amiga-Spiel sein sollte – und mehr obendrein. Halleluja!“).

Verglichen mit zeitgenössischen Konkurrenten – ob isometrische Last Ninja-Schule oder Arcade-Prügler à la Shadow Dancer – positionierte First Samurai sich als „Abenteuer-Prügler“ mit Wegesuche, Schaltern, Teleports und Geheimnissen. Dass die Idee „nicht revolutionär“ sei, räumte der Amiga Joker selbst ein, lobte aber „technische Brillanz und hervorragendes Gameplay“ – ein Tenor, der die langlebige Reputation erklärt.

Am Markt startete die Heimcomputer-Erstversion im September 1991 (Amiga/Atari ST), gefolgt von C64 und MS-DOS (1992) und einer eigenständig angepassten SNES-Fassung (1993); Jahre später wurden beide Samurai-Teile wieder gebündelt aufgelegt. Die Amiga-Erstauflage lag im Handel bei £ 25.99 in UK bzw. um 84 DM in Deutschland; inflationsbereinigt entspricht das heute ungefähr rund 45 € für die Standardbox.